Vergessene Entführungsopfer

1969 Entführung des Korean Airlines Flugzeugs

Am 11. Dezember 1969 wurde das Flugzeug YS-11 der Korean Airlines vom Luftwaffenstützpunkt Gangneung auf dem Weg zum internationalen Flughafen Gimpo entführt und änderte innerhalb von zehn Minuten nach dem Start seine Richtung nach Nordkorea. An Bord des Flugzeugs befanden sich 46 PassagierInnen, vier Besatzungsmitglieder und der nordkoreanische Schläferagent Cho Chang-Hee. Der Geiselnehmer flog das Flugzeug zum Flugplatz Sondok, der in der Nähe der Stadt Hamhung, der zweitgrößten Stadt Nordkoreas, liegt, mehr als 260 km vom ursprünglichen Zielort des Flugs entfernt. Es ist unklar, was mit dem Entführer geschah, obwohl es Berichte gibt, dass ein Auto auf ihn am Flughafen wartete, als das Flugzeug gelandet ist. 

Nach zwei Monaten, am 14. Februar 1970, wurden 39 der 50 Verschleppten über die Freiheitsbrücke bei Panmunjeom nach Südkorea zurückgebracht. Sieben Passagiere, alle vier Besatzungsmitglieder und das Flugzeug selbst werden jedoch weiterhin vermisst. Der südkoreanische Präsident Park Chung-Hee schickte am 9. März 1970 einen Brief bezüglich der vermissten 11 Passagiere des Flugs an den UN-Generalsekretär U Thant. Er antwortete und räumte ein, keine Macht zu haben um Druck auf Nordkorea auszuüben. Stattdessen sollten sie sich an das Internationale Komitee des Roten Kreuzes wenden. 

Bis heute behauptet Nordkorea, dass die verbliebenen 11 SüdkoreanerInnen sich aus freiem Willen dazu entschieden hatten, in Nordkorea zu bleiben. Die Sonnenscheinpolitik des südkoreanischen Präsidenten Kim Dae-Jungs gegenüber Nordkorea führte dazu, dass im Jahr 2001 Familienzusammenführungen stattfinden konnten. Eine der zufällig ausgewählten TeilnehmerInnen war Song Gyeong-Hui, die zu den FlugbegleiterInnen auf dem Flug YS-11 gehörte. Als sie 2001 ihre Mutter traf, berichtete sie, dass die anderen Besatzungsmitglieder noch am Leben waren und sogar in der Nähe von Pyongyang lebten. Obwohl sie die anderen Entführten seit ihrer ersten Ankunft in Nordkorea nicht mehr gesehen hatte, erwähnte sie, dass sie gehört hatte, dass es ihnen gut ging. 

2019 jährte sich die Entführung der Korean Airline YS-11 zum 50. Mal. Sieh Dir unten die Liste der noch nicht zurückgekehrten Vermissten an (Alter zum Zeitpunkt der Entführung).

Geschichte der Entführten in Nordkorea

Seit Beginn des Koreakrieges am 25. Juni 1950 hat das Regime der DVRK (Demokratische Volksrepublik Korea) ca. 200.000 ZivilistInnen und SoldatInnen verschleppt. 1946 erklärte Kim Il-Sung: “Wir müssen nicht nur die gesamte Intelligenz des nördlichen Chosun ausfindig machen, um das Problem des Mangels an Intelligenz zu lösen, sondern wir müssen auch die Intelligenz des südlichen Chosun [in den Norden] bringen.” Nach dieser Zeit wurden viele BürgerInnen während des Koreakrieges verschleppt. Die genaue Anzahl der vermissten Personen bleibt jedoch weiterhin unbekannt. Die Untersuchungskommission für die Menschenrechte in der DVRK stellt fest, dass während des Koreakrieges etwa 80.000 ZivilistInnen von den Streitkräften der DVRK entführt wurden und Zehntausende festgehalten wurden, obwohl sie hätten freigelassen werden sollen. 

Nach dem Waffenstillstand, zwischen dem 5. August und dem 23. Dezember 1953, fand ein Austausch von Kriegsgefangenen zwischen dem Norden und dem Süden in der Operation Big Switch statt. Nach Angaben des U.N.-Kommandos wurden 82.000 Angehörige der koreanischen Streitkräfte in der DVRK als vermisst gemeldet. Allerdings wurden bei diesem Austausch nur 8.343 SoldatInnen in den Süden zurückgebracht. Von den 82.000 vermissten SoldatInnen wurde angenommen, dass 13.836 im Kampf gefallen sind, während der Status von 19.409 SoldatInnen unbestätigt blieb und sie als weiterhin vermisst galten. Viele dieser Personen  wurden gezwungen, in Kohleminen, Fabriken und landwirtschaftlichen Dörfern zu arbeiten, um beim Wiederaufbau der DVRK nach dem Koreakrieg zu helfen. Ungefähr 80 Kriegsgefangene haben es geschafft, nach Südkorea überzulaufen, die anderen sind aber immer noch in Haft. Die Überreste von lediglich sechs SoldatInnen wurden an Südkorea ausgehändigt.

Laut dem Weißbuch über die Menschenrechte in Nordkorea hat es mindestens 143 Entführungen gegeben, und seit dem Ende des Koreakrieges wurden mindestens 3.835 Menschen entführt. Nachdem sie sechs Monate bis ein Jahr festgehalten wurden, wurden 3.310 dieser Menschen zurückgebracht. Nach 2000 kehrten neun weitere zurück, aber 516 werden weiterhin vermisst. 95% der 516 noch Vermissten wurden zwischen 1955 und 1977 entführt; 133 von ihnen wurden allein 1968 verschleppt. Nur 3 der 516 noch Inhaftierten wurden nach 1995 entführt. Im Jahr 1959 wurden mehr als 93.000 Personen durch falsche Versprechen zur Übersiedlung aus Japan in die DVRK gebracht. Einige Jahre nach ihrem Umzug wurden sie jedoch gezwungen, den Kontakt zu ihren Familien in Japan abzubrechen. Nach den Erkenntnissen des COI landeten viele dieser Menschen in politischen Gefangenenlagern oder anderen Orten in der DVRK, wo sie weiteren Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausgesetzt waren. Über hundert BürgerInnen  Japans, Südkoreas und anderer Staaten wurden Opfer geplanter Entführungen durch Spezialeinheiten und Geheimdienstagenten der DVRK. Etwa 25  Entführungen von Ausländerinnen waren aus Europa, dem Nahen Osten und anderen Teilen Asiens, die in die DVRK gebracht wurden, um Ehefrauen für andere, bereits in der DVRK lebende Ausländer zu werden. Obwohl die DVRK offiziell zugegeben hat, 13 japanische Staatsangehörige entführt zu haben, wird geschätzt, dass insgesamt 17 verschleppt worden sind. Andere Quellen schätzen, dass es bis zu 450 mutmaßliche Fälle von Entführungen von JapanerInnen durch Nordkorea gibt, von denen 2002 nur fünf zurückkehrten. Danach war die Todeserklärung des nordkoreanischen Regimes für acht der entführten JapanerInnen  das einzige Lebenszeichen. Um diese Behauptungen zu bestätigen, übergab Nordkorea den japanischen BeamtInnen mehrere Gegenstände, darunter auch die Überreste der toten japanischen Entführten. Allerdings prüfte die japanische Regierung die Überreste und hielt sie für unzuverlässig, da sie nicht identifiziert werden konnten.