Kinderarbeit
Von klein auf werden Kinder zur Arbeit gezwungen, unter anderem zur Unterstützung in der Landwirtschaft, zum Sammeln von Gegenständen und zu Bauarbeiten. Kinder in Gefangenenlagern, Kinderheimen und Notunterkünften sind ebenfalls harter Arbeit unterworfen.
Landwirtschaftliche Hilfsarbeit bezieht sich auf obligatorische Farmarbeit, wie z.B. Aussaat, Unkraut jäten, Reispflanzen, Umpflanzen von Nährstoffgefäßen und Ernte. Die Regierung mobilisiert Kinder über das Bildungssystem und schickt sie auf örtliche Farmen, die mit Schulen kooperieren. Die Arbeit auf dem Bauernhof wird als wesentlicher Bestandteil des schulischen Lehrplans angesehen, und die Arbeit ist unbezahlt. Es gibt zwei Arten der Landwirtschaftlichen Hilfsarbeit: Örtliche und Langfristige.
Langfristige Hilfsarbeit
Örtliche Hilfsarbeit
Langfristige Landwirtschaftliche Hilfsarbeit wird in der Regel von Oberstufenschülern durchgeführt. SchülerInnen müssen für einen oder mehrere Monate auf einer Kollektivfarm arbeiten, üblicherweise zwischen dreißig und vierzig Tagen in der Mitte des Schuljahres. Die SchülerInnen ziehen auf einen örtlichen oder weiter entfernten Bauernhof, der von der Regierung oder der Schule bestimmt wird, und leben dort, während sie die ihnen übertragenen Aufgaben erledigen. Die Unterkünfte und sanitären Anlagen sind meist sehr schlecht. Die Nachfrage nach HilfsarbeiterInnen ist im Frühling, Sommer und Herbst am höchsten.
Örtliche Landwirtschaftliche Hilfsarbeit beinhaltet Arbeit auf Farmen in der Nähe der Schulen und Wohnorte der SchülerInnen. Im Laufe des Jahres werden den SchülernInnen je nach Jahreszeit unterschiedliche Aufgaben gestellt. Die Arbeit ist anstrengend, kräftezehrend und zeitaufwendig und wird mit zunehmendem Alter der SchülerInnen immer beschwerlicher. Sie verbringen in der Regel mehr Zeit mit unbezahlter Arbeit auf den Farmen als mit dem Lernen und dem Erhalt einer angemessenen Ausbildung.
Sammeln von Gegenständen
Die Regierung zwingt SchülerInnen, eine Vielzahl von Gegenständen zu sammeln, von denen einige in Nordkorea fast unmöglich zu finden sind. Zum Beispiel ist es nahezu unmöglich ein Stück Alteisen zu finden, geschweige denn über 10 kg, weil es in Nordkorea fast kein Alteisen gibt. Neben der jährlichen Kinderaktion gibt es weitere staatlich organisierte Artikelsammlungen für SchülerInnen. Der Überbegriff für alle an SchülerInnen weitergegebenen Regierungsanordnungen ist "pochi", was im Wesentlichen bedeutet, dass ein Projekt durch die Aufteilung von Teamaufgaben und die gemeinsame Nutzung von Betriebsanweisungen erleichtert wird. Pochi beinhaltet nicht nur Aufträge zur Gegenstandssammlung, wie die Kinderinitiative, sondern ebenfalls finanzielle Zuwendungen und gesellschaftliche und politische Aufgaben, wie beispielsweise die Teilnahme an politischen Veranstaltungen, das Reinigen von Statuen, die Unterstützung der Volksarmee und des Projekts zur Unterstützung der Baustellen.
Zusätzlich zur Landwirtschaftliche Unterstützungsarbeit und des Sammelns von Gegenständen müssen SchülerInnen an Bauprojekten und Aufführungen zu nationalen Feiertagen, wie dem Geburtstag von Kim Il Sung, Kim Jong Il und Kim Jong Un, und anderen besonderen Anlässen teilnehmen.
SchülerInnen werden mobilisiert, um beim Aufbau der kommunalen Infrastruktur, bei der Errichtung von Schulgebäuden, bei der Reparatur von Eisenbahnen und sogar beim Bau von Privatwohnungen für das Schulpersonal zu helfen. Außerdem werden Bauarbeiten, die für den Neubau, die Instandhaltung und/oder die Instandsetzung von Schulgebäuden erforderlich sind, oft von ihnen ausgeführt. Sie müssen sich nicht nur an den gefährlichen Bauarbeiten beteiligen, sondern auch die für den Bau notwendigen Materialien auf eigene Kosten herstellen oder mitbringen.
Kinderarbeit nach Jahreszeit
Frühling | Sommer | Herbst | Winter |
Mais pflanzen | Suche nach Kaninchenfell | Landwirtschaftliche Hilfsarbeit | Suche nach Kaninchenfell |
Sammeln von Sonnenblumenkernen, Hanf, Rizinusbohnen und Bohnen | Ausreißen von Gras und Verlegen von steinen zum Bau von Eisenbahnen | Sammeln von Altpapier und -eisen | Sammeln von Altpapier und -eisen |
Nähen | Herstellung von Ziegeln aus Erde | Die Schlacht der Herbsternte* | Bearbeitung von Bäumen |
Sammeln von Altpapier und -eisen | Sammeln von Pecan- und Haselnüssen und Eicheln | Transportation von Erdböden | |
Sammeln von Farnkraut | Sammeln und Entfernen der Schale von Buschklee | Minenarbeit |
*die einwöchige Periode, in der von SchülerInnen erwartet wird, dass sie ihre Zeit der Arbeit widmen, ohne Unterricht zu absolvieren.
Kinderarbeit außerhalb des Bildungssystems
Nordkorea differenziert seine Haftanstalten je nach Schwere des Verbrechens. Diejenigen, die des ideologischen Ungehorsams beschuldigt werden, werden in “kwan-li-sos” geschickt. Kwan-li-sos sind Konzentrationslager, vor allem für diejenigen, die politischer Verbrechen beschuldigt wurden. Sie sind von Elektrozäunen und Stacheldraht eingegrenzt. Bis zu 120.000 Personen leben in jedem dieser Lager. Kinder werden mit besonderer Grausamkeit behandelt, aber diejenigen, die es schaffen, werden vom Sterben abgehalten, im Wissen, dass sie als nächste Generation von Arbeitskräften unverzichtbar sind. Auch wenn die nordkoreanische Regierung die Existenz von Kwan-li-sos entschieden bestreitet, gibt es fünf solcher Lager.
Kinder leiden unter allen Arten von Zwangsarbeit in der nordkoreanischen Gesellschaft, und der zusätzlichen Arbeit in den Lagern. Obwohl sie kurz vor dem Verhungern sind, werden Kinder dazu gezwungen, den größten Teil ihrer Lebens mit Arbeiten zu verbringen, für die sie bestimmte Quoten erfüllen müssen. Wie die Schulkinder außerhalb der Kwan-li-sos, müssen auch diejenigen, die sich im Inneren befinden, Schrott sammeln. Allerdings sammeln die Kinder in den Kwan-li- sos in der Regel einen wesentlich höheren Betrag, weil die Behörden sie deutlich härter behandeln. Zusätzlich müssen die Kinder manuelle Arbeiten verrichten. Sie erhalten je nach Jahreszeit unterschiedliche Aufgaben.
Jedes Kwan-li-so ist groß genug, um mehrere Schulen zu betreiben. Allerdings ist die Qualität der Bildung in den Kwan-li-sos weitaus schlechter als in den Schulen außerhalb. Im Regelschulsystem machen SchülerInnen nach drei Jahren Mittelschule und drei Jahren Oberschule ihren Abschluss. Das Lager bietet nur eine Schulausbildung bis zur Mittelstufe, in der die Grundkenntnisse der koreanischen Sprache und des Rechnens von GefängniswärterInnen statt von ausgebildeten LehrerInnen vermittelt werden. Sobald die Kinder eine rudimentäre Schulbildung erhalten haben, werden sie als bereit angesehen und sofort in eine Mine oder an einen anderen Arbeitsplatz geschickt.
Die Kinder, die in Waisenhäusern aufwachsen, sind gezwungen, einen reglementierten, militärisch anmutenden Lebensstil zu führen und sind ständig den Launen ihrer AufseherInnen unterworfen. Notunterkünfte sind behelfsmäßige Waisenhäuser mit deutlich weniger Ressourcen. Die Mehrheit der Kinder, die dort leben, sind Kkotjebi, obdachlose Jugendliche, die man beim Betteln auf der Straße findet. Die Regierung behauptet, dass diese Einrichtungen dazu gedacht sind, obdachlose Kinder zu schützen und zu betreuen. Die Lebensbedingungen in den Notlagern sind jedoch nicht besser als in den Hafteinrichtungen.
| Kinderheim | Notunterkunft |
Ort | Insgesamt drei (in Nord Hamgyong) | Eins in jedem Distrikt |
Kinder | 200-450 Kinder
| 20-100 Kinder
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Personal |
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Bildung |
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Essen |
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Anlagen | Insgesamt sind Anlagen besser | Insgesamt sind Anlagen sehr schlecht ausgestattet |
Arbeit |
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Bestrafung
Wie in den meisten Ländern, die schwere körperliche Bestrafungen verbieten, gibt es auch in Nordkorea Vorschriften dagegen. Diese Gesetze werden jedoch nicht durchgesetzt. So werden nordkoreanische Kinder nicht nur von ihren LehrerInnen missbraucht, sondern die TäterInnen haben auch keine Konsequenzen zu befürchten. Es ist sehr verbreitet, dass SchülerIinnen, die nicht anwesend sind oder ihre Arbeit nicht ordentlich erledigen, rücksichtslos vom lehrenden Personal geschlagen werden. SchülerInnen, die nicht an der landwirtschaftlichen Hilfsarbeit teilnehmen oder die Gegenstandssammlung vervollständigen, werden sowohl von ihren LehrerInnen als auch von anderen SchülernInnen während einer Reflektionssitzung (sa-sang-tujeng) getadelt, in der sich die SchülerInnen gegenseitig des Kapitalismus und der reaktionären Ideologie bezichtigen. Zusätzlich werden sie durch ein soziales System namens “saen-hwal-chong-hwa”, übersetzt als “Lebensrückblicksitzung”, offener Kritik von Gleichaltrigen ausgesetzt. Es ist ein wöchentliches Treffen, um die eigenen Ideen und Handlungen gemäß den Lehren von Kim Il-Sung, Kim Jong-Il oder Kim Jong-Un oder den Zehn Prinzipien zu überprüfen und zu überdenken. Während der Saeng-hwal-chong-hwa Sitzungen werden bestimmte SchülerInnen von der ganzen Klasse ins Visier genommen und mit bösartigen Kommentaren bombardiert.
Neben der körperlichen und verbalen Züchtigung gibt es auch die Züchtigung durch Gleichaltrige. MitschülerInnen disziplinieren sich gegenseitig hauptsächlich durch Mobbing. Sie werden feindselig von ihren MitschülerInnen behandelt, denn wenn diese sehen, dass die LehrerInnen, die sie als Vorbilder sehen, sich offen feindselig gegenüber den schwachen SchülerInnen verhalten, fangen sie an zu glauben, dass es akzeptabel ist, sich auf die gleiche Weise zu verhalten. Saeng-hawl-chong-haw ist ein System, welches nordkoreanische Kinder daran gewöhnt, die Schwachen zum Sündenbock zu machen; die öffentliche Schande, die Gleichaltrige erleben, ruft Gleichgültigkeit, statt Mitgefühl hervor. Diese Abstumpfung steigert sich manchmal zu Verbitterung und führt schließlich zu Mobbing.
Kinder im Gefängnis
Die Kinder in den Gefangenenlagern werden körperlich und auch verbal misshandelt. Sie verbringen die meiste Zeit ihres Lebens eingesperrt hinter elektrischen Zäunen und werden in dem Glauben erzogen, dass dies das Beste sei, was ihr Leben zu bieten hat. Die grausame Behandlung und die maßlose Arbeit grenzt an Sklaverei und die Gefangenen werden wie Tiere behandelt. Manchmal und ohne Grund lassen die LehrerInnen ihre Launen an den Schülerinnen aus und schlagen diese, wegen minimaler Fehler. Aber die Disziplinierung der SchülerInnen liegt nicht nur in den Händen des Lehrpersonals.
Die Verantwortung wird stattdessen an Untergeordnete, dem/der KlassensprecherIn, weitergegeben. Normalerweise schlägt der/die LehrerIn den Klassenvorstand und bringt diesen dazu, die anderen Kinder ebenfalls zu verprügeln.
Kinderheime und Notunterkünfte
Die Autoritätspersonen zwangen die Kinder, barfuß draußen zu laufen, weil sie dachten, sie würden wegrennen, wenn sie Schuhe hätten. Es ist üblich, dass die Kinder sowohl in den Waisenhäusern als auch in den Hilfszentren massiv misshandelt werden. Die ArbeiterInnen schlugen die Kinder mit Stöcken und im Grunde mit allem anderen, was sie in die Hände bekommen konnten.
Während Schulen, Gefangenenlager und Kinderheime dazu gedacht sind, Kinder zu versammeln und in Massen zur Arbeit zu mobilisieren, gibt es weitere, aber weniger offensichtliche Orte, die Kinder zum Arbeiten ausbeuten. Ein Beispiel hierfür sind Internierungslager. Viele Kinder landen dort, wo sie die gleiche Arbeit leisten müssen, wie in den Schulen, Gefangenenlagern und Waisenhäusern. Darüber hinaus gibt es geheime Aufnahmen von Kindern, neben Erwachsenen, die in einem vornehmen Skigebiet beim Schneeräumen eingesetzt werden. Ohne entsprechende Technik oder Maschinen können die Straßen nur mit körperlicher Arbeit geräumt werden. Die Kinderarbeiter sind großen Strapazen ausgesetzt, während reiche NordkoreanerInnen ohne Gewissensbisse Ski fahren.
Massenveranstaltungen in Nordkorea
Die Massenspiele in Nordkorea sind dafür bekannt, sehr viele Arbeitskräfte zu benötigen. Während des Arirang-Festivals wenden etwa 50.000 Kinder gleichzeitig Farbkarten, um einen animierten, mosaikartigen Hintergrund entstehen zu lassen. Besonders für derartige Aufführungen, üben die Kinder unermüdlich für sechs bis 12 Monate. Bei stundenlangem Üben unter der sengenden Sonne sind Verluste unvermeidlich. Die Kinder werden in der Regel zu den Feierlichkeiten der Geburtstage von Kim Il-Sung, Kim Jong-Il und Kim Jong-Un beordert, mit zahlreichen einzelnen Auftritten im ganzen Land, feierlichen Paraden, Besuchen von Denkmälern, Aufführungen von Liedern und Chorkonzerten.
Die nordkoreanische Regierung mobilisiert zudem regelmäßig Kinder für politische Kampagnen und Veranstaltungen über die Schulen. Sie werden zum stundenlangen Marschieren mit Postern und dem Rufen von Schmähparolen eingesetzt.